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Geistliche Hausapotheke

02.10.2022

Dienen ohne Dank?

Quelle: pixabay.com

Heute feiern wir Erntedank und hören im Evangelium, dass Dank nicht nötig ist. Wie passt das zusammen?  Ist das nicht eine Zumutung für unsere sozial sensiblen Ohren?

Das ist heute einer dieser Bibelstellen, die für mich beim ersten Lesen wie ein Schlag in den Magen sind. Schnell fühlen wir uns wie der Knecht und sehen uns den ganzen Tag schuften und dann an Abend todmüde vom Feld kommen und - was dann? Dann geht‘s gleich weiter. Abendessen machen, Tisch decken, warten, abräumen, abwaschen -­‐ na ja, und dann irgendwann ausruhen. Aber ein Dankeschön brauche ich nicht zu erwarten. Fazit: Bist Du Knecht, hast du als Knecht nichts zu lachen. Und ehrlich gesagt: Als Elternteil von drei Kindern kommt mir das irgendwie bekannt vor.

Und Lukas setzt noch einen drauf: „So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.“ (Lk 17, 10).

Da bleibt einem doch der Atem weg! Nicht einmal Dank soll man verdient haben?

Ich habe mich lange herum geschlagen mit diesem Text, bis mir das Missverständnis bewusst wurde: Jesus beschreibt mit seinen Gleichnissen nicht, was wir tun sollen, sondern was Gott tut. Und was Jesus selbst ja vorgelebt hat: er hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Die haben protestiert dagegen. Füße waschen ist niedrigste Arbeit. Das kann doch Jesus nicht machen. Das ist doch verrückt.

Und genauso handelt Gott: verkehrt und verrückt. Das, was wir für normal halten, was für uns in unserer Erfahrung einfach so ist, das bleibt nicht so. Das wird sprichwörtlich verrückt. In ein anderes Verständnis gerückt. Gott ruft seinen Knecht, im Urtext steht hier Sklave, der von der Arbeit zurückkommt, ins Haus an den gedeckten Tisch.

Und der Sklave im Gleichnis sind wir, auch wenn uns das zunächst nicht gefällt. Wir Christen sind so wie Sklaven Eigentum unseres Herrn. Wir brauchen uns nicht abzurackern, um bessere Sklaven zu werden. Wir sind alle Kinder Gottes und er liebt uns, so wie wir sind!

Dieses Gleichnis ist keine Forderung zum selbstzerstörerischen Dienen, das seinen Lohn darin sieht, dienen zu dürfen. Es ist keine Forderung zu unentgeltlicher Arbeit. Dieses Gleichnis ist ein Angebot: akzeptiere den Rollenwechsel. Lass dir von mir dienen, sagt Jesus. Lass dir helfen in deinen Schwierigkeiten und in deinem Leben. Und diene du anderen. Genauso selbstverständlich.

Ich möchte Sie heute ermuntern, Gott zu danken für das, was er für Sie schon getan hat. Aber auch Ihren Mitmenschen die Wertschätzung zu zeigen, die sie für ihr Tun verdient haben. Es braucht oft nicht viel - ein einziges Wort vielleicht nur! - und der graue Alltag erscheint in einem völlig neuen Licht. Ein einziges Wort schon kann Wertschätzung sichtbar machen: Danke!

Ihr Gemeindereferent Matthias Bögl