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Geistliche Hausapotheke

19.07.2020

Im Reich Gottes gewaltlos zusammenleben

Eine starke Herausforderung

Die Coronapandemie erzeugte große Angst. Nun sind die Zahlen in Bayern auf einem geringen Stand. Wir atmen auf. Doch da beschleicht viele Christen die Angst, ob nicht nach Corona viele Menschen der Gemeinschaft fernbleiben und unsere christlichen Kirchen immer leerer werden.

In christlichen Zeitungsartikeln wird besorgt gefragt, ob die Kirche heute noch hilfreiche Gottesbilder weitergibt, die Mut machen, um so eine Krise zu bestehen.

Schauen wir selbst in die Heilige Schrift und betrachten die Aussagen des Gleichnisses Jesu vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13, 24-30).

Jesus stellt uns mit dem guten Sämann Gott vor Augen. Aber auch ein Feind sät böse Samen dazwischen. Ich vergleiche mit unserem Leben. Wir entdecken, dass viel Böses in der Welt spürbar ist und wächst. Denken wir an Fake-News, Verschwörungstheorien, an Verbrechen, sogar schon an Kindern und Jugendlichen. Oder machen wir uns bewusst, dass wir in unseren Familien nicht alles so leben, was wir uns vornehmen. Wir stören uns an den Fehlern und Schwächen, wir leiden an den gegenseitigen Verletzungen und Gräben. Wer bei sich genauer schaut, der entdeckt eigene dunkle Punkte und Versagen.

Die Knechte des Sämanns sagen: „Sollen wir gehen, und das Unkraut ausreißen?“ Verständlicherweise wollen sie das Böse entfernen, bekämpfen und ausrotten. Und sie meinen nicht das Böse in sich selbst. Jesus, der Menschenkenner, beschreibt auf diese Weise, wie auch wir häufig kurzschlüssig denken.

Und Jesus erzählt, dass der Sämann, der Gott des Lebens, nicht will, dass das, was gewachsen ist vor der Ernte vernichtet wird. Er zeigt Gott, als den Freund des Lebens, der eine Chance gibt bis zur Ernte. Er hat Geduld und wartet ab. Denn, wenn die Schnitter vorschnell das Unkraut mit Gewalt ausreißen, dann wird auch der Weizen beschädigt. Gewalt ist für Gott keine Lösung.

Auch in meinem Gewächshaus lasse ich zuerst alles wachsen, bis die Tomatenpflänzchen aus dem Samen des letzten Jahres so groß sind, dass ich gefahrlos das Unkraut rauszupfen kann.

Gott gibt dem Leben Zeit. Er winkt ab, wenn wir gegenüber anderen Menschen zu Vorurteilen und brutalen Methoden greifen wollen und dabei den Weg der Liebe verlassen. Jesus hat uns dies vorgelebt bis zum Kreuz.

Gott traut uns zu, dass wir trotz des Bösen um uns herum und in uns selbst gewaltlose Antworten finden, weil er immer bei uns ist. Und er mutet uns zu, dass wir trotz Krisen nicht aufgeben und nicht resignieren, sondern an uns arbeiten und daran wachsen. Eine starke Herausforderung!

Ich glaube daran, dass Gottes Liebe unsere Angst und die Wunden und Abgründe in uns heilt, sodass wir Salz der Erde und Licht der Welt sein dürfen und sein können.

Ihre Religionslehrerin Gudrun Gärtner