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13.05.2021

Unsichtbar, aber lebendig - unfassbar, aber nahe

Foto: Pixabay

Als mein Bruder und ich noch Kinder waren, haben wir beim Besuch unserer Oma  gerne gefragt: „Hast du mir etwas mitgebracht?“ Zum einen war es damals nicht oft, dass wir ein Geschenk bekamen und zum anderen waren wir sehr neugierig, was es diesmal sein könnte.

Da wir unsere Oma liebten, freuten wir uns und fragten uns schon vor ihrem Besuch ganz gespannt, welche kleine Überraschung sie wohl dabei haben könnte. Häufig war es etwas Süßes oder ein paar Mark, um sich ein Eis zu kaufen. Viel mehr als das Geschenk an sich, war die Geste wichtig. Wir spürten, dass die Oma an uns persönlich denkt, wir ihr wichtig sind und sie uns etwas Liebes tun will. So blieb ihr Besuch durch das Geschenk auch über den Tag hinaus präsent.

Mir fällt da eine Verbindung zu Jesus und den Jüngern damals ein. Die Jünger lebten in der Erwartung eines Geschenkes. Jesus hatte ihnen vor seiner Himmelfahrt versprochen, ihnen seinen Beistand zu senden. Sicher hatten sie keine genaue Vorstellung, was das sein sollte. Ich stelle mir vor, dass die Jünger neugierig waren. Sicher war ihr Vertrauen zum Auferstandenen sehr groß. Ihnen war klar, dass Jesus wie kein anderer wusste, was sie am meisten belastete, wovor sie am meisten Angst hatten oder was ihre tiefsten Sorgen waren.

Doch nach der Ankündigung des Geschenkes verließ Jesus sichtbar seine Jünger, um unsichtbar für sie da zu sein. Das heutige Fest Christi Himmelfahrt will ausdrücken, dass Jesus Christus mit dem Vater unsichtbar, aber lebendig - unfassbar für unsere fünf Sinne, aber gegenwärtig für uns ist und bleibt.

Auch wenn wir manchmal im Alltag wenig von Jesus oder unserem Glauben mit unseren Augen sehen, spüren oder verstehen, dürfen wir vertrauen, dass er uns auch in unserem Suchen, Fragen und Zweifeln nahe ist.

Nicht hoch oben und weit weg, sondern hier unter uns, in unseren alltäglichen Beziehungen, bei unserer Arbeit und Freizeit und bei allem, was unser Leben ausmacht, will er uns begleiten. Wir dürfen ihn bitten, um seinen Beistand, den Heiligen Geist, sein größtes Geschenk.

Und nun als Erwachsene, kann ich Jesus Christus vertrauensvoll und neugierig fragen: „Hast Du mir etwas mitgebracht?“ Ich bin überzeugt, dass das Hinhören auf ihn in der Stille und die Offenheit für sein Geschenk mir wirklich geistlich weiterhilft.

Ihre Gudrun Gärtner, Religionslehrerin mit Gemeindeauftrag