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Geistliche Hausapotheke

06.02.2022

"Der Mensch ist der schwache Punkt im Gefüge der Kirche" (A. Delp)

Foto: Peter Weidenmann in: www.pfarrbriefservice.de

Es war der von den Nationalsozialisten am 2. Februar 1945 umgebrachte Jesuitenpater Alfred Delp, der einmal sagte: „Der Mensch ist der schwache Punkt im Gefüge der Kirche". Ich glaube, dass an keiner anderen biblischen Figur als der des Petrus erkennbar wird, was Delp mit diesen Worten meinte. Was sich an Petrus zeigt und was Delp über den Menschen in der Kirche vor mehr als 70 Jahren ins Wort bringt, das betrifft auch die Kirche von heute und mit ihr jede und jeden einzelnen von uns. Denn jeder Mensch der Kirche bleibt allen menschlichen Möglichkeiten verhaftet. Er vermag Großes zu vollbringen. Er kann aber auch klein und schwach werden wie Petrus, der sich vor Jesus als ein Sünder bekennt und ihn deswegen von sich weist.

Die Vorwürfe, die man unserer Kirche macht, sind bestens bekannt: „Seht, so sind sie. Gar nicht viel besser als wir. Noch viel schlechter, weil sie besser sein wollen und besser sein sollten." Diese Vorwürfe betreffen Amtsträger wie Laien. Sie spielen auf das Verhalten von Hauptamtlichen wie Ehrenamtlichen an. Sie nehmen Priester, Bischöfe und auch den Papst in den Blick. Sie kritisieren, dass in der Kirche schwache, versagende Menschen leben, Menschen wie Sie und ich, Menschen, wie Petrus einer gewesen war. Und auch wir selbst wissen es nur allzu gut: Wir leiden mehr als einmal aneinander und schließlich andere an uns. Unser Gemeindeleben gibt uns immer wieder Anlass, uns aneinander zu reiben und manchmal auch einander wehzutun. Der Mensch ist und bleibt der schwache Punkt im Gefüge der Kirche.

Die Kirche ist Menschenhänden anvertraut und doch ist sie unendlich mehr als das Werk dieser Hände. - Das ist es, was wir an Petrus erkennen dürfen und was immer, auch in Zukunft, eine entscheidende Wirklichkeit unserer Kirche bleiben wird: Auf niemand anderen als uns baut Gott seine Kirche - auf Menschen, mit ihren Fehlern und ihren Schwächen, mit ihren Wunden und ihren Verletzungen, mit ihrer Angst, Sorge und Verantwortung für die Kirche zu übernehmen und den Herausforderungen des Lebens nicht gewachsen zu sein, mit ihrem Wissen um die eigene Unzulänglichkeit.

Es kommt im Letzten vor Gott nicht so sehr darauf an, dass wir alles perfekt machen, fehlerlos und vollkommen: Gott hat die Menschen, auf die er seine Kirche gestellt hat, nicht zu Göttern gemacht. Es kommt aber darauf an, dass wir bei allem, was wir als Christen sind, wie wir als Christen leben und was wir als Christen tun, demütig bleiben, um unsere eigenen Schwächen wissen, uns ihrer nicht schämen und zugleich die große Verantwortung, die wir alle von Gott her für seine Kirche und diese Welt haben, nicht scheuen.

Pfarrer i.R. Ewald Scherr