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Geistliche Hausapotheke

29.05.2020

Mehr als eine fromme Übung

Foto: Wiechers

Einander mit Weihwasser segnen

Einander segnen - „füreinander zum Segen werden“: ist das nur eine schöne Redewendung oder eine fromme Übung - oder steckt mehr dahinter?

Wenn meine Jüngste (Theresa / 21 Monate) das Weihwasserbecken sieht, greift sie hinein und segnet alle Umstehenden, mit einem sanften Patscher auf die Stirn und „Der Herr segne dich, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Natürlich verstehen nur wir als die Eingeweihten ihrer Kindersprache den Segensspruch. Aber ihre Freude und Begeisterung tut mir gut, denn diese schöne Segnungsweise habe ich als Kind nicht „so“ erlebt.

Daheim war diese Praxis selten, ich kannte sie nur von meiner Verwandschaft in Bayern. In meiner Kindheit war es besonders ein Gestus der überfrommen Patin, die sehr bestimmend sein konnte und einen ungefragt mit reichlich Weihwasser vor dem Reiseantritt besprengt hat. Leider ist mir das positive Erleben dieser göttlichen Zuwendung dabei verborgen geblieben.

Dabei hat das Segnen eine Jahrtausende alte Tradition: Schon im Alten Testament werden die Gläubigen aufgerufen, einander mit dem Namen Gottes zu segnen und ihrem Friedenskönig Gebet und Segen zu schenken. Jesus übernimmt selbstverständlich diese Praxis: er segnet die Kinder. Er segnet seine Jünger. Und beim Einzug in Jerusalem wird Jesus als König des Friedens selbst mit einem Psalmwort vom Volk gesegnet.

Als Jugendlicher wurde ich dann im guten Sinne viel gesegnet, besonders bei Jugendfreizeiten, die selber zum Segen wurden. So erlebte ich Segen in seiner vielfältigen Form als Lebenshilfe, die Freiheit stiftete.

Viele Jahre später - in meinen ersten Kommunionkursen als Gemeindereferent - kam ich wieder mit  dieser Praxis in Berührung und mir wurde bewusst: sich mit (Tauf-) Weihwasser zu segnen ist das kürzeste Taufbekenntnis: Ich bekenne mich zum Dreieinen Gott und bitte ihn um Segen für mich.

Und den anderen zu segnen, wird so zum Taufvollzug. Ich darf und soll in meiner mir zugesprochenen Taufwürde als Priester, Prophet und König - als solcher wurde ich gesalbt - meinen Nächsten segnen und ihm/ihr ein Segen sein. Und so habe ich auch später meine Patin erlebt, die zur guten Begleiterin wurde und meinen Weg zum Diakon zumindestens indirekt mit geprägt hat.

Ich freue mich, von Ihren Erfahrungen mit dem Segnen zu hören.

Ihr Diakon Ulrich Wiechers