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Geistliche Hausapotheke

02.03.2022

Erinnerung an unsere Berufung

Foto: Jürgen Damen, in: Pfarrbriefservice

Mit dem Aschermittwoch beginnt im kirchlichen Jahreskreis wieder die so genannte österliche Bußzeit - die Vorbereitung auf die Feier der österlichen Tage vom Leiden, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi.

Die Auflegung des Aschenkreuzes, die an diesem Tag in unseren Gottesdiensten vollzogen wird, ist für uns alle die Erinnerung: Unser Leben ist endlich und vergänglich! Die Asche stellt den Rest von etwas dar, was einmal „lebendig“ war, nämlich die verbrannten Palmzweige des vergangenen Jahres - was aber jetzt davon übrig geblieben ist, ist nicht mehr das, was es einmal war - es bleibt Erinnerung.

Und das ist es: Erinnerung ist das Stichwort für den Beginn dieser Buß- oder Fastenzeit. Wir erinnern uns - an viele Rituale und Dinge, die wir in der Fastenzeit intensiver tun (z.B. sich mehr Zeit für das Gebet zu nehmen), oder, etwas wegzulassen von unseren Gewohnheiten (z.B. Schokolade, Alkohol, Fleisch…) - aber auch vielleicht an das, was einmal in unserer Beziehung zu Gott war - aber nicht mehr ist?!

Aber diese Erinnerung soll noch weiter gehen - es ist eine Erinnerung Gottes an uns: Der Mensch, der glaubt, ist zur Freiheit berufen, zur Freiheit, zu der Gott uns durch sein Wirken in der Welt be-freit hat. In der bewussten Reflektion über und der Freiheit von Zwängen und Alltagsritualen, die uns selbst in unserem Alltag „gefangen“ nehmen, können wir uns wieder selbst finden.

In diesem „sich selbst finden“ findet Erinnerung statt an das, was Gott für uns wichtig ist, auf was es in meinem Leben wirklich ankommt, was Gott für uns bereithält: Gesundheit, in Frieden miteinander leben, eine gute und erfüllende Partnerschaft, eine intensive Gottes-Beziehung usw..

Dieser Erinnerung müssen wir dabei nicht alleine nachspüren. Es gibt Menschen, die uns auf unserem Lebensweg begleiten, die uns sagen, was wichtig ist, die uns sagen, was Gott für uns getan hat und was sich daraus an Freiheiten, aber auch Richtwerten für unser Leben entwickeln kann und darf.

Wir Christen sind in der Fastenzeit also auch aufgefordert, nicht nur auf uns selbst zu schauen und uns selbst an das „Wesentliche“ zu erinnern, sondern auch andere zu erinnern. Wegschauen hilft niemandem! Jemanden hingegen in der Wertschätzung seiner Person auf das Wort Gottes und evtl. Abweichungen in seinem Alltag und / oder Lebensplan hinzuweisen, ist ein Gebot der geschwisterlichen Liebe, wie es uns die Lesung aus dem 2. Korintherbrief (5,20) vom heutigen Tag sagt: „Wir sind (…) Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt.  

Die Fastenzeit ist also Beides: Die Erinnerung an unsere eigene Bestimmung und unseren Weg mit Gott und die Erinnerung an unsere Berufung, Anderen ein Wegweiser im Glauben zu sein.

Diakon Michael Sporrer