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Geistliche Hausapotheke

04.09.2022

Feilschen mit dem lieben Gott?

Foto: Pixabay; in: Pfarrbriefservice

Oft legen wir im Umgang mit Gott ein kaufmännisches Verhältnis an den Tag: Wenn Du mir diese Stelle bescherst, lieber Gott, dann komme ich auch wieder jeden Sonntag zur Kirche. Wenn nicht, dann nicht.  -  Ich zünde Dir jetzt diese Kerze an, und wehe es klappt nicht, mit der Zwei in Mathe. - Kennen Sie solche Gebete?

Kaufen, etwas erwerben, will nur derjenige, der etwas nötig hat oder dem gerade danach ist. Wenn’s mir schlecht geht, dann bete ich zu Gott, vielleicht gibt er mir ja, was ich brauche. Oder ich gehe nur in den Gottesdienst, wenn ich das Bedürfnis danach habe - die Kirche als Bedürfnisanstalt. Viele behandeln den lieben Gott wie einen arglosen Besitzer eines himmlischen Gemischtwarenladens, bei dem man für einen günstigen Preis das bekommen kann, was man so gerade zum Leben braucht.

Geben wir es zu: Jeder und jede von uns, hat schon einmal solche Gedanken. Statt eines hochherzigen Glaubens treibt uns da oft eine religiöse Krämerseele: Wieviel gebe ich - und wieviel bekomme ich dafür? Wo ist es am billigsten? Und wieviel reicht für den Himmel? Ein guter Kaufmann setzt nicht alles auf eine Karte. Da gilt dann vielleicht: Ein bisschen für ein bisschen. Ein bisschen Glauben für ein bisschen Himmel, es müssen ja nicht unbedingt die vordersten Plätze sein. Mir reicht auch ein Stehplatz im Himmel. Aber dafür brauch ich dann auch nicht hier auf Erden alles zu geben.

Jesus ist da anderer Meinung: Wenn jemand zu mir gehören möchte, dann muss er bereit sein, alles zu geben. Sogar sein Leben. Wenn's sein muss. Diese Predigt richtet sich nicht an die Apostel, die ehelos leben sollen, an die zukünftigen Priester und Bischöfe oder so. Es heißt ausdrücklich: Er wandte sich an die vielen Menschen, die ihn begleiteten.

Dabei geht es nicht darum, dass wir alle jetzt auch wirklich alles geben müssen. Aber wir sollten bereit sein dafür. Ein bisschen für ein bisschen geht nicht. Denn: Glauben erfahren kann nur der, der sich ganz gibt. Schnupperkurse funktionieren da nicht. Ein bisschen Glauben und ein bisschen Verzicht für ein bisschen Himmel ist nicht drin. Daran lässt Jesus keinen Zweifel. - Doch das ganze Bild verändert sich radikal, wenn wir von unserem kaufmännischen Verhältnis zum lieben Gott absehen und ihn so betrachten, wie Jesus es tut: als Vater, dem wir ganz vertrauen dürfen.

In der Lesung heißt es, dass Gott einen Plan hat für alle seine Geschöpfe, auch wenn wir ihn nicht erkennen. Daher rührt oft das Leid und die Glaubenszweifel: Dass dort, wo wir Gottes Plan nicht verstehen, er uns grausam oder fern erscheint. Dann sieht es manchmal so aus, als ob wir alles verlieren würden. Aber dem, der Gott vertraut, nicht rechnet oder kalkuliert, sondern liebt, der wird sich ganz in Gottes Hände geben und er wird wissen, dass nichts, aber auch gar nichts von dem verloren geht, was Gott uns geschenkt hat.

Wer Gott vertraut, der wird sich seinen Plänen anvertrauen und bereit sein, ihm ganz zu folgen. Gott vertrauen, das kann nur der, der sich von dem vordergründigen Besitzen-wollen und Haben-wollen, dem Festhalten-wollen befreien kann. Und zwar radikal.

Ein bisschen vertrauen geht nicht. Ein bisschen lieben geht nicht. Und auch ein bisschen leben oder ein bisschen sterben geht nicht. - Das weiß jeder, der liebt.

Pfarrer i.R. Ewald Scherr