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Geistliche Hausapotheke

17.12.2023

Momente der Freude suchen

Bild: Christoph Buchinger, in: Pfarrbriefservice.de

"Vergiss die Freude nicht!" war vor Jahren der Titel eines religiösen Bestsellers. Daran fühle ich mich erinnert, wenn ich den ersten Satz der neutestamtenlichen Lesung dieses Sonntags höre: "Freut euch zu jeder Zeit!"

Tatsächlich ist es eine Herausforderung, sich jederzeit zu freuen - wo doch alles schwierig und unsicher zu sein scheint. Aber es ist auch eine Sache der Übung. Ich kenne keine Gebetsform, die so zum Suchen nach Freude erzieht wie der abendlichen Tagesrückblick: Ich bitte Gott, mit mir auf den vergangenen Tag zu schauen, und lasse diesen vor meinem inneren Auge wie einen Film ablaufen. Da steigen Begegnungen und Ereignisse in mir auf - und wahrscheinlich auch das, was mir die Freude ordentlich vermiest hat. Dann lohnt es sich, noch genauer hinzuschauen, denn zwischen all dem Ärger, den Enttäuschungen und Mühen sitzen die kleinen und größeren Freuden. Sie sind oft stiller, deshalb fallen sie nicht gleich auf.

Beim Tagesrückblick an einem ganz normalen Dezember-Freitagabend fallen mir so viele Freuden ein, dass meine zehn Finger zum Abzählen nicht ausreichen: dass ich am Morgen ohne große Einschränkungen aufstehen kann - dass es warm und still ist in unserem Haus - dass bald Wintersonnenwende ist und die Tage wieder länger werden - dass ich zusammen mit meinem lieben Mann leben darf - dass ich zu Fuß ins Büro gehen kann - dass in einem Vorgarten eine Christrose durchs Laub spitzt - dass die Müllwerker zuverlässig und fröhlich ihre Arbeit tun - dass ich so einen schönen, abwechslungsreichen Beruf habe - dass zunehmend Anmeldungen von Sternsinger/innen eintrudeln - dass sich ein Missverständnis im Gespräch beilegen lässt - dass ich vorankomme mit der lästigen Kassenabrechnung - dass heute Zeit bleibt für ein selbst gekochtes Mittagessen - dass sich eine Freundin meldet, von der ich schon lange nichts mehr gehört habe - dass meine Kommunionkinder so wissbegierig sind - dass mich so viele Ehrenamtliche unterstützen - dass heute kein Abendtermin im Kalender steht - dass unser Sohn übers Wochenende heim kommt - dass wir so nette Nachbarn haben - dass der Tag ohne größere Probleme verlaufen ist - dass wir in Frieden und in demokratischen Verhältnissen leben dürfen...last but not least: dass uns in allem, was wir tun und was uns widerfährt, Gott nahe kommt. Dass wir gehalten und getragen sind von seinem unverbrüchlichen JA.

Zu meiner Freude gesellt sich die Dankbarkeit, und ich bringe sie im Gebet vor Gott, so wie es der Apostel Paulus vorschlägt: "Dankt für alles; denn das ist der Wille Gottes für euch!". Gott will unser Glück. Deshalb: "Gaudete! - Freut euch!" - nicht nur am 3. Advent, aber vielleicht heute ganz besonders?!

Gern können Sie mir schreiben, was Sie freut!

Ihre Gemeindereferentin Irene Keil