Zum Inhalt springen

Geistliche Hausapotheke

18.12.2022

Redlich bleiben. Auch wenn es schwierig wird.

Detail aus dem Josefs-Brunnen in Tutzing. Bronze-Stele von Günter Mauermann; Fotos: I. Keil

Eine meiner adventlichen Lieblingsgestalten ist Josef - so, wie er mir im heute im Evangelium begegnet. Da zeigt sich nämlich, „dass seine Verlobte Maria ein Kind erwartet, noch bevor sie zusammengekommen waren.“ Ich stelle mir vor, wie Maria das Gespräch mit ihrem Verlobten sucht: „Du, Josef - - - wir müssen reden!“ - und innerhalb von ein paar Minuten kracht für ihn die wohlgeplante Zukunft mit großer Hochzeit und kleinem Haushalt in Nazaret in sich zusammen.

In dieser Situation wäre es nur zu verständlich, wenn Josef seine Verlobte hochkant rauswerfen würde oder sich voller Selbstmitleid verkriechen oder sich einen Rausch antrinken würde. Stattdessen erfahren wir von einem innerlichen Ringen: einerseits denkt er daran, sich von Maria zu trennen - das ist ja nur konsequent, wenn sie mit einem anderen was hat! -, andererseits will er sie nicht bloßstellen. Bei aller Enttäuschung lässt Josef sich nicht von seinen Affekten treiben, sondern denkt nach, wägt nüchtern ab. Auch und gerade jetzt, wo es schwierig wird, bleibt er redlich.

Und dann hat er in der folgenden Nacht ein Traum, der ihm ermöglicht, über seinen Schatten zu springen: der Evangelist Matthäus lässt einen Engel zu Josef sprechen - es könnte genauso gut die Stimme des Gewissens sein oder seine Intuition, die ihm bedeutet: Lass Maria nicht im Stich. Gerade jetzt nicht. Gib dem Leben eine Chance!

Im Schlaf rückt sich bei Josef etwas zurecht. Sein Glaube spielt dabei keine geringe Rolle: Heilworte tun ihre Wirkung: „Fürchte dich nicht!“ -  Prophetenworte aus alter Zeit werden lebendig: „Gott ist mit uns!“ Die heilige Ruach, die Kraft Gottes, macht ihm Mut zur Zukunft: Vertrau auf Gott - er traut dir das zu!

Am anderen Morgen hat Josef sich berappelt. Der Evangelist notiert knapp: „Er nahm Maria zu sich." Wir lesen kein Wort von Vorwürfen oder Bedingungen. Josef: einer, der kein Aufhebens macht. Ein Mann der Tat. Einer, der sich weit macht für Gott. In dieser Weite kann neues Leben wachsen.

Er könnte ein Adventspatron für uns alle sein, finde ich: Redlich, nüchtern, gottverbunden, mitfühlend, diskret, großzügig, solidarisch - auch und gerade, wenn es schwierig wird.   

Ihre Gemeindereferentin Irene Keil