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Geistliche Hausapotheke

19.02.2023

"Wie Gott mir, so ich dir"

Foto: Pfarrbriefservice.de

„Auge für Auge und Zahn um Zahn“. Wir kennen den Spruch aus der Bibel. Rache für ein bösartiges Verhalten ist eine oft anzutreffende menschliche Reaktion. Sie liegt zunächst näher als der Versuch, den Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen. „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet!“

Der Aufruf Jesu zur Feindesliebe im Evangelium dieses Sonntags klingt zunächst rätselhaft. Er sprengt beinahe die Grenze menschlicher Vernunft. Und dennoch halten sich Menschen in Vergangenheit und Gegenwart an diesen neuen Maßstab Jesu.Ein bekannter Zeuge dafür ist der farbige Baptistenpfarrer Martin Luther King. Er ließ sich in den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Schwarzen und Weißen in den 60er Jahren in den USA vom Wort und Geist Jesu leiten. Im Bemühen um die Beendigung der Gewalt und um eine Versöhnung zwischen den Rassen hielt er nicht fest an dem alten Prinzip „Auge für Auge und Zahn um Zahn“ oder wie wir es auch kennen mit dem Spruch „Wie du mir so ich dir“. Er orientierte sich an Gott, wie er mit der menschlichen Bosheit umging. Statt gegen die Menschen mit seiner göttlichen Macht vorzugehen, wählte er den Weg der Versöhnung durch seinen Sohn Jesus Christus. Mit seiner grenzenlosen Liebe, die er durchhielt bis hin zum Kreuz, besiegte er das Böse und machte so den Weg frei für die Versöhnung zwischen Gott und Mensch.

Inspiriert vom Handeln Gottes, formulierte M.L. King das „Wie du mir, so ich dir“ um in „Wie Gott mir so ich dir“. Zwar kostete ihm dieser Weg ähnlich wie Christus auch das Leben – er wurde von weißen Fanatikern getötet -, aber er trug mit seinem gewaltlosen Widerstand und seinem Bemühen um Versöhnung entscheidend zu einem Ende der Gewalt und zu einer Überwindung der Rassendiskriminierung bei.

„Wie Gott mir so ich dir“ – ist dieses Motto nicht auch ein empfehlenswerter Impuls für uns, zu einer friedlichen Lösung und Versöhnung in zwischenmenschlichen Spannungen und Streitigkeiten zu kommen? Ich finde, einen Versuch ist es allemal wert.

Alois Ehrl, DK. i. R.