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27.03.2024

"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"

Foto: Ulrich Wiechers (Rose von Jericho - Tod / ohne Wasser)

Foto: Ulrich Wiechers (Rose von Jericho - mit Wasser aufgehend)

Foto. Ulrich Wiechers (Rose von Jericho - aufgeblüht)

"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" - Mit dieser Frage endet die Passion nach Markus, die wir am Palmsonntag gehört haben, und endet das Leben Jesu. Der Jubel vom Einzug in Jerusalem, die Huldigungen an den König, das Hosianna (hebr.: Hilf doch! / Herr hilf!) - all das ist verstummt. Nach dem letzten Abendmahl, der Gefangennahme im Garten Getsemani, der Quälerei in der Haft, auf dem Weg nach Golgota und am Kreuz bleiben nur Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Tod übrig.

Mir kommt meine „Rose von Jericho“ in den Sinn: jeder Lebenssaft ist vertrocknet, sie wirkt wie tot. Die Liturgie des Karfreitag macht uns bewusst, was wir alle im Grunde wissen: Nach der Geburt kommt der Tod auf uns zu, todsicher! - Wir sind am Tiefpunkt jeglichen Lebens angelangt. Wo soll es heute noch einen Hoffnungsschimmer geben?

Der Antwort-Psalm (Ps 31) vor dem heutigen Evangelium scheint nicht dazu zu passen. Er spricht von Geborgenheit, Ewigkeit und Gerechtigkeit durch Gott. Trotz aller Niederlage geht der Beter von der Rettung aus der Hand der Verfolger aus, er glaubt und hofft, dass Gott ihm entgegen kommt, wenn er ruft: „Hosianna - Herr, hilf!“

Und da bin ich wieder bei meiner „Rose von Jericho“: vertrocknet, scheinbar tot und doch voller Leben - etwas Wasser und sie wird grünen, wird aufblühen. Sie versinnbildlicht all diese Hoffnung, die der Beter des Psalms 31 auf Gott setzt.

Der Schrei Jesu - „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ - ist ebenfalls nur anfänglich Zweifel und Klage, denn der Psalm 22 endet mit Worten der Zuversicht. Der Beter vertraut, dass Gott ihn retten wird - trotz aller Bedrohung, trotz allem Leid - dass das wahre Leben auf ihn wartet, dass das Gottes rettende Liebe über den Tod triumphieren wird.

So können wir uns in den Karfreitag hineingeben: mit Klage und Trauer über all das, was in unserem Leben verloren gegangen oder zerbrochen ist und wofür es keine Heilung gibt. Doch es gibt Zukunft und Hoffnung und nicht zuletzt Auferstehung - für manches schon im Hier und Jetzt, auf jeden Fall aber im Jenseits!

Ich wünsche Ihnen einen Karfreitag, der die Hoffnung in sich trägt - wie meine „Rose von Jericho“!
Ihr Diakon Ulrich Wiechers

 

Die Karfreitagsliturgie